13.12.2020 3. Advent

13.12.2020 3. Advent

Predigt: Lukas 1:67-79

67 Und sein Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach: 68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils im Hause seines Dieners David – 70 wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –, 71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, 72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund, 73 an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, 74 dass wir, erlöst aus der Hand der Feinde, ihm dienten ohne Furcht 75 unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 76 Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest 77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 79 auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

Liebe Mitchristinnen und Mitchristen!

Die Adventszeit nimmt uns mit auf einen Weg, den Weg nach Weihnachten. Es ist ein Weg, auf dem sich einiges ereignet. Mit Blick auf das große Fest bedeutet das, dass vieles vorbereitet werden muss. Da werden Geschenke besorgt. Da werden die Zimmer und Häuser geschmückt. Da werden Gedanken gemacht, was zu Weihnachten gegessen wird, mit wem gefeiert wird. Und in den Büros und Betrieben wird noch einmal ein Endspurt hingelegt. Geschäftiges Treiben herrscht allerorts und auch in den Schulen geht es noch einmal richtig zur Sache.

Halt! Stopp! Ist das nicht eine Beschreibung aus vergangenen Jahren? Sieht es in diesem Jahr nicht ganz anders aus? Da fehlen die Weihnachtsmärkte. Da gehen weniger Menschen in die Stadt zum Einkaufen. Stattdessen fahren vermehrt Paketboten durch die Straßen, um die Päckchen vom Versandhandel zu verteilen.

Vieles läuft in diesem Jahr anders. Manch einer mag dies bedauern. Manch einem erscheint es wie keine richtige Advents- und Weihnachtszeit. Doch müssen Advent und Weihnachten immer so verlaufen, wie wir es uns vorstellen, wie wir es gewohnt sind, wie wir meinen, dass es zu sein hat?

Die Adventszeit führt uns einen Weg. Eine Kerze nach der anderen wird angezündet. Mitten in dieser dunklen Jahreszeit wird es Licht. Und das hat auch etwas mit der Botschaft dieser Zeit zu tun. Mitten in die Dunkelheit dieser Welt kommt ein Licht des Lebens, der Geborgenheit und des Friedens. Und das ist es, was wir an dieser Zeit auch so schätzen, die stimmungsvollen Lichter, die uns eine besondere Atmosphäre vermitteln.

Doch auf dem Weg durch die Adventszeit kommen wir auch an einer Station vorüber, die auf den ersten Blick gar nicht so angenehm erscheint. Sie verbindet sich mit einer Person, die es in sich hat. Am 3. Advent blicken wir auf Johannes den Täufer. Und dieser war bekannt dafür, dass er am Jordan stand und gewaltige Predigten hielt. Und er taufte. Aber: Worum ging es ihm? Johannes traf den Nerv seiner Zeit. Die Menschen sehnten sich nach Veränderung, nach Veränderung ihres Lebens. Sie wollten nicht mehr unter der Fremdherrschaft der Römer stehen. Sie wollten Freiheit, ein angenehmes Leben und Freude. Und da kamen viele zu Johannes, der in der Wüste stand und wirkte. Mit in der Wüste, mitten hinein in das Leben voller Entbehrungen ruft er unangenehme Worte, die aber Gehör finden. Johannes ermahnt: Kehrt um von Eurem falschen Wege! Das sind Worte, die man sich nicht einfach so an den Kopf werfen lässt. Aber die Not scheint für die Menschen bereits so groß geworden zu sein, dass es ihnen nichts mehr ausmacht. Da gibt es kein: Weiter so! Nein! Johannes sagt knallhart: Ihr seid auf dem Holzweg! Haltet an! Und kehrt um! Geht in eine neue Richtung! Wendet Euch dem lebendigen Gott zu! Veränderung wird es für Euch nur geben, wenn ihr Gott den Weg bereitet, wenn ihr diesen Weg freiräumt von allem, was ihn blockiert, was Euch somit die Kraft und die Vitalität nimmt.

Und damit sind wir bei einem wichtigen Punkt auch für unsere Adventszeit. Und da kann es sein, dass wir spüren, dass es in diesem Jahr uns eine Hilfe sein kann, manches Vertraute beiseite zu lassen. Denn Johannes führt uns zum Kern der Botschaft. „Bereitet dem Herrn den Weg!“ Das ist das, was angesagt ist, in diesen Tagen. Doch was bedeutet das? Was meint Johannes mit dieser Botschaft?

Sein Vater, Zacharias, singt ein Lied. Davon hören wir heute. Und wie Eltern oft freudig und begeistert sind, in Erwartung eines Kindes, so spürt man auch ihm diese Vorfreude ab. Es ist fast eine weihnachtliche Vorfreude. Und somit passt das Lied des Zacharias ganz besonders in die Adventszeit. Zacharias lobt Gott. Er ist dankbar und glücklich, dass ein Kind angesagt ist. Und er erkennt dabei auch, dass es sich um ein außergewöhnliches Kind handelt. Sicher, es ist nicht der langerwartete Messias, der kommen soll und das Leben grundlegend verändern soll. Aber das Kind, das ihm geschenkt wird, das hat eine ganz entscheidende Aufgabe im Heilsplan Gottes. Johannes wird diesem Messias vorangehen. Er wird die Menschen aufrufen, sich innerlich vorzubereiten auf das Kommen des Messias. Johannes wird also dem, der kommen soll, den Weg bereiten.

Advent ist die Zeit der Wegbereitung, die Zeit der Vorbereitung, die Zeit, die uns offen macht für die Botschaft von Weihnachten. Und deshalb sind konkrete Schritte angesagt. Und das sind nicht in erster Linie äußerliche Schritte. Da geht es nicht so sehr um den weihnachtlichen Schmuck, um das Bereiten der Häuser, um das Einkaufen und das Vorplanen. Es geht vielmehr ganz entschieden um uns persönlich, um Dich und mich.

Weihnachten ist die Chance, dass wir uns wieder bewusst machen, dass Gott mit uns ist, dass er einer von uns geworden ist, der mit uns durch die Zeit geht und unser Leben erneuern und verändern möchte. Damit wir auf diesen zu uns in unsere Welt gekommenen Gott kommen können, bedarf es einer ganz entscheidenden Vorbereitung, nämlich der Vorbereitung unseres Herzens.
Und da sehen wir die vielen Probleme, Sorgen und Nöte unseres Alltages. Da blicken wir auf das, was uns belastet, auf die Konflikte mit anderen Menschen, auf die kleinen, kurzen Begegnungen, wo uns jemand anderes geärgert hat, ein Autofahrer, eine Person in der Schlange an der Kasse. Da gibt es so vieles, was ärgeren und bohren kann. Und wir bleiben so oft so sehr an diesen Dingen, die uns nur belasten und unsere Stimmung verfinstern hängen und lassen uns herunterziehen. Und mitunter sind es wir auch selber, die wir anderen Menschen auf den Nerv gehen. Gerade auch in der Adventszeit mit ihrem regen Treiben besteht die Gefahr, dass es zu Missstimmungen kommen kann. Und da spüren wir, wie bei aller Hektik, bei allem Trubel, bei all dem, was uns widerfährt, der Blick für das Eigentliche verloren geht. Da können wir nicht in das Lob Gottes einstimmen, wie es Zacharias tut. Wenn wir gefangen sind von den Dingen, die uns beschäftigen und belasten, dann fehlt der Blick, den wir brauchen, der Blick, der uns letztlich dazu führt, in den Stall von Bethlehem zu schauen und zu staunen: Gott hat uns besucht. Er ist gekommen, um uns zu erlösen von dem, was unser Leben zerstören, verfinstern, herunterziehen möchte. Gottes Plan ist vielmehr ein anderer: Er möchte uns aufrichten. Er möchte uns den Weg zu einem erfüllten Leben zeigen. Er möchte, dass wir – selbst in schwierigen Zeiten – Geborgenheit, Frieden und Zuversicht haben. Davon singt Zacharias. Und sein Lied ist ein großes Lob auf den Gott, der mit uns ist, der uns begleitet, hilft und stärkt.

Doch wie können wir diesen klaren Blick auf Weihnachten bekommen? Wie können wir uns in den Stall führen lassen, so dass uns nichts mehr vom Wesentlichen abhält? Da kommt nun Johannes ins Spiel. Johannes geht Jesus voran. So besingt es auch Zacharias. Und er ruft zur Umkehr auf. Umkehren bedeutet: Sieh ein, der Weg den Du jetzt eingeschlagen hast, der führt nicht zum Ziel, der bringt Dich nicht zum Stall von Bethlehem, der bringt Dich nicht zu dem Mensch gewordenen Gott. Natürlich kannst Du den Weg weitergehen, den Du gerade gehst. Und da mag auch manches dabei sein, was Dir gefällt. Aber wenn ich auf dem Weg zu einem Ziel bin und ich steige in den falschen Zug ein, dann mag die Landschaft draußen noch so schön anzusehen sein, ich werde aber nicht an mein Ziel kommen. Johannes sagt: Wendet Euch ab von den falschen Zielen! Geht nicht weiter auf dem Weg des Egoismus, auf dem Weg, wo ihr nur an Euch denkt und Euch letztlich allein durchboxt. Kehrt um! Findet in die Gemeinschaft mit Gott! Und das bedeutet: Findet in die Gemeinschaft der Versöhnung. Bereitet dem Herrn den Weg! Was ist dazu nötig? Das Lied des Zacharias nennt uns einen ganz konkreten Schritt: Vergebung. Und was bedeutet das? Es geht um unsere Beziehungen, unsere Beziehungen mit Gott und untereinander. Und gerade dort, wo es in unserem Leben finster geworden ist, wo uns dunkle Gedanken überkommen, wo wir nicht mehr aufeinander zugehen können, da tut es gut, innezuhalten. Ja, Ärger, Gram, Neid, Verletzungen, Ablehnung, Unfrieden, all das nimmt uns den echten Blick auf Weihnachten.- Da können wir noch so viel weihnachtlichen Lichterschmuck aufstellen. Wenn es in unserem Herzen finster zugeht, weil unsere Gefühle gegenüber anderen dunkel sind, oder wenn uns die Sorgen und Nöte des Lebens so herunterziehen wollen, dann kommen wir nicht an das Ziel. Aber tief in unserem Herzen verspüren wir diese Sehnsucht nach Licht und Freude und Leben. Deshalb ist es an uns, diesen ersten Schritt zu tun: Gib das, was Dich bedrückt oder belastet ab! Wende Dich von den unguten Gedanken ab. Geh den Schritt auf Jesus zu! Mach Dich auf zum Stall von Bethlehem, zum Kind von Weihnachten. Bereite Gott den Weg in Dein Herz, dass er nicht vor lauter Barrikaden des Schmerzes und der Verletzungen abschirmt wird. Er möchte doch zu Dir kommen, zu Deinem Heil. Er möchte Dich zu neuer Freude führen.

Zacharias hatte es selber erlebt. Lange war sein Leben belastet, weil er sich so sehr auf einen Nachkommen gefreut hätte, doch es schien nicht möglich. Doch nun weiß er, dass Gott sein Leben gewendet hat. Und das führt ihn zu neuer Lebensfreude.

Gib Deine Sorgen und Nöte an ihn ab! Lege Deine Verletzungen, Deinen Ärger, Deinen Gram in Gottes Hände. Geh den Weg der Vergebung. Mit den Worten des Johannes: Kehr um! Tu Buße! Das klingt zwar hart. Das klingt unangenehm. Und doch ist es ein guter Weg zum Leben. Lebe aus der Vergebung! Das meint nicht, dass alles in Ordnung ist, was andere Dir getan haben. Es ist nicht ein Schwamm drüber. Das passt schon. Denn das, was geschehen ist, ist geschehen. Und die Frage, wer recht gehandelt hat, ist eine ganz eigene. Aber Vergebung möchte, dass es Dich in Deinem Leben nicht mehr belastet. Du gibst das Bedrückende, das Finstere ab. Es ist ein Heilsweg um Leben. So wirst Du aufgerichtet. So wirst Du ermutigt. So findest Du zur Lebensfreude. So kommst Du zum Ziel, zum Stall, in dem Du das Kind finden wirst. Gott begegnet Dir in Liebe und möchte mit dieser Liebe in Dein Herz einziehen und Dich frei machen.

Bereiten wir dem Herrn den Weg! Legen wir ab, was unser Leben gefangen nehmen möchte. Stimmen wir ein in das Lied des Zacharias und preisen Gott. So können wir guten Mutes auf Weihnachten zugehen, auch in ungewöhnlichen Zeiten.

Ihr Pfarrer Carsten Klingenberg