13.04.2020 Ostermontag

13.04.2020 Ostermontag

Lukas 24:36-45

36 Als sie aber davon redeten, trat er selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!  37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist.  38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?  39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe.  40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und Füße.  41 Da sie es aber noch nicht glauben konnten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?  42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor.  43 Und er nahm's und aß vor ihnen.  44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen.  45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden.

Liebe Freunde,

in diesem Jahr wollten wir am Ostermontag einen besonderen Gottesdienst feiern, einen Gottesdienst, der aus drei Stationen besteht, ein sogenannter Emmausweg. Beginnend in der Rafaelkirche in Unterföhring sollte der Weg zur Kolomankapelle auf Höhe Agrob und dann weiter zur Gabrielkirche in Ismaning führen. Geprägt sollte dieser Weg sein vom Hauptevangelium des Ostermontags, vom Emmausevangelium.

Es ist der Bericht zweier Jünger Jesu, die am Ostermorgen sich auf den Heimweg von Jerusalem nach Emmaus machen. Traurig, gefangen in ihrem Schmerz können sie nichts anderes bedenken als das, was sie in den letzten Tagen erlebt hatten: Jesus am Kreuz. Alles schien aus und vorbei zu sein. Doch auf ihrem Weg nach Emmaus gesellte sich ein Dritter zu ihnen. Erst allmählich nehmen sie ihn wahr, kommen mit ihm ins Gespräch und spüren, dass es gut tut, sich mit jemandem über das zu unterhalten, was sie so tief getroffen hat. In Emmaus angekommen, bitten die beiden ihren Begleiter mit ins Haus. Dort wird zu Abend gegessen. Am Brotbrechen erkennen die beiden Freunde den Auferstandenen an ihrem Tisch. Es hat einen Weg gebraucht, bis die beiden von ihrer Traurigkeit zu neuer Lebensfreude kamen. Aber nun laufen sie zurück nach Jerusalem, nachdem sich der Auferstandene  von ihnen begeben hatte. Sie müssen ihre Erfahrung mit den anderen Freunden Jesu teilen.

Und hier befinden wir uns nun, wenn wir den diesjährigen Predigttext des Ostermontags in den Blick nehmen. Gerade sind die Emmausjünger noch am Berichten, da ist der Auferstandene plötzlich mitten unter ihnen. Er hat eine wichtigen Zuspruch für sie: „Friede sei mit euch!“ Friede, Geborgenheit, Zuversicht, viele Worte können sich an den Frieden anschließen, die Halt geben. Doch die versammelten Freunde Jesu reagieren ganz anders.

Vielleicht ist es die Reaktion, die auch wir manchmal gegenüber dem Auferstandenen zeigen. Wir rechnen nicht mit ihm. Wir trauen seinem Wort nichts zu. Es ist doch nur ein Geist. Wir verharren so gerne in dem, was wir als Gegebenheiten dieser Welt sehen, und mögen sie noch so deprimierend sein.

Die Jünger erschraken. Mag sein, dass die überraschende Erscheinung des Auferstandenen sie schrecken ließ, mag aber auch sein, dass sich so manch einer daran erinnert hat, wie schmählich sie Jesus gerade noch im Stich gelassen hatten. Verleugnet hatten sie ihn, geflohen waren sie. Doch der Auferstandene kommt zu ihnen, ohne alte Rechnungen begleichen zu wollen. Er legt nicht die Finger in unsere Wunden, in die Wunden unsere Schwachheit und Unaufrichtigkeit.

Stattdessen fordert der Auferstandene seine Jünger und damit auch uns auf, die Finger in seine Wunden zu legen. Es sind die Wunden dieser Welt, die Jesus selbst als Auferstandener noch an sich trägt. Er hat die Welt überwunden. Er hat den Tod besiegt. Aber noch ist diese Welt nicht heil geworden. Deshalb ermuntert er seine Jünger und uns, die Wunden in den Blick zu nehmen. Es sind die Wunden, die Menschen einander zufügen, die Wunden der seelischen und physischen Verletzungen. Es sind die Wunden der Krankheiten und des Todes. Es sind die Wunden die Trostlosigkeit und Schmerz verursachen und dem Leben die Kraft und die Luft zum Atmen nehmen. Diese Wunden können uns nicht unberührt lassen.

So wie der Auferstandene ein großes Herz für seien Freunde hat, wie er zu ihnen Tritt, um ihnen den Frieden zu schenken, so geht es auch für uns darum, ein Herz für diejenigen zu haben, die verwundet sind, an Leib und Seele. Das ist in unseren Tagen gar nicht so einfach. „Wir halten uns fern und sind für einander da – Licht der Hoffnung!“ Unter diesem Motto stellen wir uns auch in unserer Gemeinde, in unseren Orten zum Licht einer Kerze und beten in unseren Häusern in dieser so bewegenden Zeit, während die Glocken um 19 Uhr läuten. Ja, wir halten uns fern. Das ist angesagt. Doch darf das keineswegs bedeuten, dass wir uns auch in unseren Herzen von einander fern halten. Vielmehr geht es darum, einander zu tragen und beizustehen in diesen Zeiten. Es gibt auch andere Wege, die Wunden dieser Welt zu sehen, und zu helfen, dass sie heilen können. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Doch wir hören, dass die Jünger damals immer noch gezögert haben, immer noch am Zweifeln waren. Und das kann uns auch in unseren Tagen so geschehen. Vielleicht rufen wir auch mit den Worten der Jahreslosung: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“

Der Auferstandene wird noch konkreter. Er lässt sich etwas zu essen geben. Und er will damit sagen: Ich bin’s. Ich bin lebendig, mitten unter Euch.

Das will auch immer wieder konkret werden, wenn wir miteinander Gottesdienst feiern. „Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war“, sagt der Auferstandene. Wenn wir uns versammeln, auf das Wort hören und es sichtbar vor Augen haben, wenn wir um den Altar geschart das Mahl feiern, dann werden seine Worte wieder wach, wieder lebendig. Wir erinnern uns an die Botschaft, die Jesus verkündet und gelebt hat, die Botschaft, die auch heute gelebt werden will. Wir denken daran, dass wir zusammen gehören, er das Haupt , und wir seine Glieder. Der Leib Christi sichtbar und fassbar in der Feier des Mahles. Der Auferstandene ist mitten unter uns. Er ist mit uns. Er spricht uns den Frieden zu, den wir brauchen, und er befähigt uns zur Liebe für diese Welt, die immer noch so verwundet ist.

Krisenzeiten sind Herausforderungen spezieller Art an uns. Krisenzeiten fordern uns auch heraus, dass sich unser Glaube bewähren kann. Krisenzeiten lassen sich nur gemeinsam bewältigen in der Liebe, die der Auferstandene uns schenkt.

Bleiben Sie behütet!

Ihr Pfarrer Carsten Klingenberg